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München 1996

Es war einmal vor langer langer Zeit, wir besuchten erst acht Monate die neue Schule, da fuhr die HG57 nach München, natürlich mit ihrem Klassenlehrer Herrn Kornmann und Frau Flügel.
Mit dem Zug ging´s in aller Frühe von Dülmen über Essen und dann direkt im Intercity in die bayerische Landeshauptstadt. Unterschiedliche Reaktionen rief unsere allgemeine Heiterkeit und der damit einhergehende Geräuschpegel, nicht zuletzt wegen des mitgebrachten "Ghettoblasters", schon im Zug hervor. Auf der einen Seite war da der aufgebrachte Opa, der sich lautstark, offensichtlich über uns, bei seiner Frau beschwerte, mit dem Ziel, uns auf diese indirekte Weise zur Ruhe anzuleiten. Ganz im Gegenteil, den größten Spaß bereitete er uns mit seinem plötzlichen Ausraster, bei dem er das Objekt des Anstoßes fast an sich riß. Auf der anderen Seite wurden wir von einem Kegelclub weiblicher Endvierziger reichlich mit Sekt und Lakritz verwöhnt, die Damen hatten das Zeug gleich kiloweise parat.
Untergebracht waren wir im Jugendgästehaus "Haus International" an der Elisabethstraße. Während der Olympiade diente es als Sportlerherberge, so konnten wir uns dann auch den gefängnisartigen Aufbau und die Tatsache, daß die Fenster der Zimmer nicht zu öffnen waren erklären. Waren die Zimmer auch etwas eng, das Essen mehr als bescheiden, so hatte das Haus aber sogar eine Schwimmhalle und eine hauseigene Disko.
Wie das so ist auf Klassenfahrten, hatten wir fast immer volles Programm. Teilweise hatten wir gar die Möglichkeit, zu wählen. Während am Samstagnachmittag eine Gruppe mit Herrn Kornmann das Spiel Borussia Dortmund gegen 1860 München miterlebte, war die andere Gruppe mit Frau Flügel in München-City unterwegs, um sich dann im Hofbräuhaus ein Maß Bier zu gönnen. Doch das war gar nicht so einfach, denn der Kellner verlangte den Nachweiß über die Vollendung des 18. Lebensjahres. Da wir damals aber noch nicht 18 waren, mußten wir uns erst in den Herrschaftsbereich eines anderen Kellners begeben, der uns dann unser ersehntes Maß Bier gewährte. Nach diesem Maß, immerhin ein Liter, begann Frau Flügel zufrieden zu grinsen und wurde noch gesprächiger.

Kann sich jemand etwas unter "Radlführung" vorstellen? Wir jetzt schon, denn wir erkundeten München mit dem Fahrrad. Bei eisigem Wind fuhren wir auf geliehenen Fahrrädern über zwei Stunden von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit, angetrieben von einer allzu sportlichen Fremdenführerin, so daß Herr Kornmann vom rechten Weg abkam. Er ging verloren. Um ihn wiederzufinden, mußten einige von uns umkehren, ihn suchen und auf den richtigen Weg geleiten.
Um den besonderen Schwerpunkt unserer Schulform nicht aus den Augen zu verlieren, besuchten wir die Münchner Börse und die Markthallen. Durch eine überdimensionale Glasscheibe betrachteten wir das Treiben auf dem Börsenparkett: Zehn Börsianer standen inmitten von Computern und Anzeigetafeln. Man erklärte uns, heute liefe alles elektronisch ab, der Präsenzhandel habe an Bedeutung verloren.
Die Markthallen durchquerten wir nach langer Nacht, mit wenig Schlaf versteht sich, in aller Herrgottsfrühe. Nur im Laufschritt konnten wir der Führung durch die endlosen Gänge und Hallen voller Obst, Gemüse und Blumen folgen.
Wir stillten unseren Wissensdurst im Deutschen Museum und befriedigten unser Bedürfnis nach Muße und Erholung im Englischen Garten. Uns gefiel auch der Besuch der Bavaria-Filmstudios. Auf dieser Reise in die Welt des Films begegneten wir so manch bekanntem Geschöpf, sahen uns Originalkulissen und -drehorte an, stellten fest, daß so manches Raumschiff eigentlich nur aus Alufolie und Gardinenstangen besteht und wurden sogar selbst zu Akteuren.
Obwohl wir meist mit der Hausdisko vorlieb nehmen mußten, da man in München 21 sein muß, um überhaupt irgendwo hereingelassen zu werden, gelang es uns hier und da in einen Pub zu schlüpfen oder eine Studentenparty ausfindig zu machen.

Auch wenn wir sicherlich lieber ins sonnige Spanien gefahren wären, statt uns beim Fahrradfahren die Finger abzufrieren, war die Klassenfahrt nach München sicher auch gelungen, getreu dem Motto "Der Weg ist das Ziel", denn wir hatten viel Spaß miteinander und haben uns auf der Fahrt erst so richtig kennengelernt.
 
 

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